01 Sanders vom Strom by Wallace Edgar

01 Sanders vom Strom by Wallace Edgar

Autor:Wallace, Edgar [Wallace, Edgar]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-15T04:00:00+00:00


Die Akasava

Der Missionar war ein guter Mensch, jedoch von der unrichtigen Farbe. Er hatte große Ideen von seiner Pflicht gegenüber seinen Mitmenschen; er war beseelt von der Aufgabe seines Standes in einem anderen Land, aber, wie Sanders sehr richtig sagte: Indien ist nicht Afrika!

Kenneth McDolan kam zu Distriktsgouverneur Sanders mit einem Empfehlungsschreiben des neuen Gouverneurs. Es war ein heißer Morgen, und Sanders saß beim Frühstück, als Abiboo, sein Sergeant und zugleich sein Diener, mit einer Visitenkarte hereintrat. Es war eine hübsche Karte, rund an den Ecken und goldgerändert, und in der Mitte stand in altenglischem Druck:

EHRW. KENNETH McDOLAN

Unten war mit Bleistift hingekritzelt: »Auf einen kurzen Besuch.«

Sanders schnob ungeduldig, denn Reverend ist soviel wie Missionar, und Missionar konnte alles mögliche bedeuten. Sanders betrachtete die Visitenkarte in seiner Betroffenheit von neuem. Der altenglische Druck und das »Ehrwürden« paßten nicht gut zu den abgerundeten Ecken und dem Goldrand.

»Wo ist er?« fragte Sanders.

»Herr, er ist auf der Veranda«, sagte Abiboo. »Soll ich ihn runterschmeißen?« Abiboo sagte das, als ob es selbstverständlich wäre.

Sanders starrte ihn an. »Sündensohn«, sagte er scharf, »sprichst du so von einem Gottesmann und noch dazu von einem weißen Mann?«

»Der Kerl trägt die Kleider eines Gottesmannes«, erwiderte Abiboo lustig, »aber er ist ein Schwarzer, und aus diesem Grund zählt er nicht.«

Sanders zog ein Paar Moskitoschuhe unter seinen Pyjama und fluchte innerlich.

»Weiße Missionare, meinetwegen«, sagte er übelgelaunt, »aber schwarze Missionare? - Nein!«

Seine Ehrwürden Kenneth saß in Sanders' Madeirastuhl, ein Bein nachlässig über die eine Lehne des Stuhls geschlagen, um seidene Strümpfe sehen zu lassen. Seine Fingerspitzen berührten einander, und er starrte mit gutmütiger Nachsicht auf den kleinen Garten, der das besondere Vergnügen des Distriktsgouverneurs bildete.

Er war schwarz, sehr schwarz; aber seine Manieren waren gewandt und seine Haltung selbstbewußt.

Er nickte Sanders lächelnd zu und streckte ihm lässig die Hand entgegen. »Ah, Distriktsgouverneur Sanders!« grüßte er in tadellosem Englisch. »Ich habe viel von Ihnen gehört.«

»Runter von dem Stuhl!« befahl Sanders, der von konventionellen Redensarten wenig hielt. »Und stehen Sie gefälligst auf, wenn ich zu Ihnen herauskomme! Was wollen Sie?«

Seine Ehrwürden erhob sich rasch und paßte sich der Situation mit überraschender Schnelligkeit an. »Ich bin nur auf kurzen Besuch hier«, sagte er mit einem Unterton von Unterwürfigkeit. »Ich besuche die kleinen Dörfer und Städte an der Küste und halte da Gottesdienst ab. Ich möchte die Erlaubnis haben, zu Ihren Leuten sprechen zu dürfen.«

Nun war das eigentlich nicht die Rede, die er sich zurechtgelegt hatte. Er kam geradewegs von England, wo er so was wie einen Salonlöwen in der guten Gesellschaft Bayswaters gespielt hatte und wo überdies seine theologischen Bestrebungen ihm einen Ruf und sogar eine gewisse Berühmtheit auch in weiteren Kreisen eingebracht hatten.

»Zu den Eingeborenen des Bezirks meinetwegen! Aber nicht zu den Kanoleuten, noch zu den Haussas, denn die sind fanatische Mohammedaner.«

Der Missionar, der seine Sicherheit wiedergewonnen hatte, lächelte. »Um Licht in die Finsternis zu bringen...« begann er.

»Still! Das Palaver ist aus!« schnitt Sanders ab. Er wandte sich um und ging ins Haus zurück.

Dann kam ihm ein Gedanke.

»He!« rief er, und der Missionar, der bereits im Begriff war zu gehen, kehrte wieder zurück.



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